Der ehemalige „Pfarrhof“, erster Kindergarten in Ittlingen

Unser Kindergarten feiert am 5. Mai 2016 seinen 165. Geburtstag! Dieses Jubiläum nimmt der Heimatverein zum Anlass, die Geschichte und historische Entwicklung in Erinnerung zu rufen.

Auf Initiative des damaligen evangelischen Pfarrers Förster wurde im Jahr 1851 in dem damals noch reinen Bauerndorf Ittlingen ein Kindergarten eingerichtet. Ziel war die Betreuung und Erziehung der Kleinkinder, die in den Familien nicht immer gegeben war. Ein wichtiger Nebenaspekt war jedoch auch eine Entlastung vor allem der Mütter. Nicht für mehr Freizeit sondern für mehr freie Zeit, um in der Landwirt-schaft noch mehr mitarbeiten zu können. In den überwiegend kleinbäuerlichen Betrieben waren die Frauen unverzichtbare Arbeitskräfte. Auch die Handwerks-betriebe hatten damals fast alle eine kleine Landwirtschaft, die überwiegend von den Frauen betrieben wurde.

Im Jahr 1851 genehmigte daher der für schulische Angelegenheiten zuständige Evangelische Oberkirchenrat in Karlsruhe die Einrichtung einer „Kinderschule“. Diese wurde am 5. Mai 1851 feierlich eingeweiht und gleichzeitig die erste „Kinderschwester“ Anna Bührer eingeführt. Sie – und alle bis 1955 folgenden Kinderschwestern waren evangelische Diakonissinnen aus der Diakonieanstalt Nonnenweier bei Lahr.

Schwester Anna tat „treu und fromm“ 36 Jahre lang ihren Dienst.

Nach ihr kam die erste „Schwester Mina“, die 45 Jahre lang den Kindergarten mit zeitweise 90-100 Kindern(!) leitete. Nach zwei Jahren mit einer anderen Diakonisse folgte wieder eine „Schwester Mina“, die mehr als 20 Jahre lang Dienst tat. So sind 65 Jahrgänge im Kindergarten von „ihrer“ Schwester Mina betreut worden. Die Schwestern trugen immer ihre Diakonissentracht, ein dunkles langes Kleid mit Schürze und eine weiße Haube – für uns Kinder ehrfurchtgebietende Persönlichkeiten. Die Kinderschwestern hatten bis ca. 1950 meist allein, manchmal mit einer jungen Helferin, bis zu 60 und mehr Kinder zu beaufsichtigen und zu betreuen. Aus damaliger Sicht waren dabei „Zucht und Ordnung“ unerlässlich und so verwundert es nicht, dass die Schwestern manchmal zu – aus heutiger Sicht – brachialen Erziehungsmethoden griffen. Niemals wäre es Eltern eingefallen, sich darüber zu beschweren.

„Kinderschule“ 1924

Um 1955 wurden die Diakonissinnen abgezogen und pädagogisch ausgebildete Fachkräfte traten ihren Dienst an. Mit „Tante Imme“ und „Tante Hanna“ zog ein neuer Geist im Kindergarten ein.

Wo war nun die „Kinderschule“ räumlich untergebracht?

Von 1851 an im ehemaligen „Pfarrhof“ der, 1972 abgebrochen, heute Standort des evangelischen Gemeindehauses ist. 1899 wurde ein neuerrichtetes Gebäude an der Friedhofstrasse bezogen, das wiederum zu klein wurde und 1972 nach Abriss durch einen Neubau ersetzt wurde. Durch Um- und Neubauten entstand im Lauf der letzten Jahre dann der heutige Kindergarten, ergänzt durch die Räume im Obergeschoß des Rathauses.

Kindergarten bis 1972

Heute werden im Ittlinger Kindergarten 146 Kinder im Alter von 1 bis 10 Jahren von 17 Erzieherinnen und Erziehern inklusive Praktikantinnen betreut. Von einer Kinderschule, in der die Betreuung im Vordergrund stand und Lieder, Spiele und Gedichte eher nebenher gelernt wurden, ging die Entwicklung hin zum modernen Familienzentrum mit einer Vielzahl von Förderungs- und Beratungsmöglichkeiten für Kinder und Eltern.

Eine Kontinuität ist erfreulicherweise über mehr als 165 Jahre geblieben:

Seit der Gründung bis heute bereichern und erfreuen die Kindergartenkinder auf Festen und Veranstaltungen die Ittlinger Bürgerinnen und Bürger mit ihren Darbietungen.

     Michael Hauk