Der letzte Winter hat zum Schluss dann doch noch ein wenig Schnee gebracht. Aber das war ja nichts im Vergleich zu früheren Zeiten, auch wenn mancher jetzt denken mag, ja ja, früher war alles schöner und größer und mehr und besser.

Nein, damals lag wirklich in manchem Winter wochenlang so viel Schnee, dass wir Kinder ausgiebig Schlitten fahren konnten. Und dafür gab es in Ittlingen einige bevorzugte Schlittenbahnen. Die wohl kürzeste war das „Schulbückele“ zwischen dem alten Schulhaus (heute Bürgerhaus ) und dem inzwischen abgerissenen Haus von Frau Klemm, da wo heute die Staffel zum Kirchplatz ist. Das war eine Schlittenbahn für die ganz Kleinen, und die Fahrt den Eulenberg hinunter war auch nicht viel länger. Eine wesentlich interessantere Strecke war das „Gottsackerbergle“, die heutige Friedhofstraße mit dem Startplatz am Tor zum Friedhof und dann hinunter bis zur heutigen Burgtorstraße.

Aber die beste innerhalb des Dorfes gelegene Schlittenbahn war jedoch ohne Zweifel der Bauberg. Man fuhr los ganz oben am Anwesen Hege und dann ging es in rasender Fahrt hinunter über die Hauptstraße bis in den Hof von Fritz Bachmann.

Bei guten Schneeverhältnissen war am Nachmittag und frühen Abend ein Großteil der Dorfjugend dort versammelt und es herrschte ein reges Treiben. Es vergnügten sich nicht nur Kinder beim Schlittenfahren, sondern später am Abend frönten auch ältere Jugendliche und junge Erwachsene dem winterlichen Schlittensport. Man fuhr zu zweit oder dritt auf dem Schlitten sitzend, man bildete längere Züge aus miteinander verbundenen Schlitten (auf dem vorderen Schlitten saß dann meist ein Junge mit Schlittschuhen, der den Zug so besser lenken konnte) oder man fuhr allein, auf dem Bauch liegend oder auch sitzend den Berg hinab. Und dann überquerte man am unteren Ende des Baubergs tatsächlich die Hauptstraße, und das war bis in die späten 50er Jahre auch ohne größere Gefahr möglich, denn es fuhren erst sehr wenige Autos damals.

Wenn sich dann wirklich einmal ein Auto auf der schneebedeckten Hauptstraße näherte, wurde es durch lautes Rufen angekündigt und die Schlittenfahrer so gewarnt.

Überhaupt ging es meist sehr laut und lustig zu bei diesem Vergnügen, weshalb manche Anwohner darüber nicht sehr erbaut waren und deshalb manchmal die Bahn mit Asche bestreuten, um die Rutschfahrt zu vermiesen. Aber bald hieß es wieder: „aus der Bahn, dass nichts passiert, der Schneider hat sein´ Bock rasiert“ und das fröhliche Treiben begann von Neuem.

Auch am Rand des Dorfes gab es einige guten Schlittenbahnen, wie etwa den kleinen Dattenberg zwischen den Anwesen Ziegler und Junkert, oder den großen Dattenberg, bei dem aber der Anstieg sehr lang und anstrengend war. Dann gab es noch die legendäre „Teufelsbahn“ in der Schindklinge hinter dem Steinbruch am Lochberg, auf der mancher Schlitten zu Bruch ging und wohl auch manche warme Hose zerrissen wurde, jedoch war der Weg aus dem Dorf dorthin schon recht weit. Und außerdem konnte man diese Strecken ja nur bei Tageslicht befahren, da dort keinerlei Straßenbeleuchtung vorhanden war.

Jedenfalls gab es viele Möglichkeiten sich im Winter mit dem Schlitten draußen zu vergnügen und wenn der Bahnschlitten zum Schneeräumen durch das Dorf gezogen wurde, konnte man sich mit seinem kleinen Schlitten auch noch hinten dranhängen. Von diesen winterlichen Freizeitaktivitäten konnte man in den letzten Jahren nur träumen und die Kinder von heute kann man ob des Fehlens dieser vielen Möglichkeiten wirklich bedauern.

 

              Tanja Kirchgeßner