In einer Zeit, in der die Arbeitskraft der Zugtiere unverzichtbarer Bestandteil der bäuerlichen Landwirtschaft war, war auch die Tätigkeit eines Berufsstandes im Alltagsleben eines Dorfes von ganz besonderer Bedeutung: die des Hufschmieds …

Die Zugtiere mussten mit Hufeisen beschlagen werden und zwar sowohl Pferde als auch Ochsen und sogar Kühe, um die allzu übermäßige Abnutzung des Hufhorns beim Gehen auf harten oder befestigten Böden zu vermeiden. Da jedoch die Hufsubstanz unter den Eisen weiterwuchs, mussten die Tiere alle 6 bis acht Wochen zum Schmied gebracht werden, der dieses überschüssige Material abtrug. Dazu wurden die alten Eisen abgenommen, auch wenn sie noch nicht abgenutzt waren. Der Schmied löste dazu die Hufnägel und nahm das alte Hufeisen mit einer Zange ab. Dann wurde der Huf mit einer Hauklinge gekürzt, auf der Sohle sauber ausgeschnitten und mit einer ganz groben Feile oder Raspel eben geraspelt und geglättet. Anschließend wurde ein neues Hufeisen angepasst oder auch das alte, wenn es noch brauchbar war, wieder benutzt. Dazu wurde das Eisen im Schmiedefeuer erhitzt und mit einem zirkelartigen Werkzeug auf den Hufrand gehalten und passgenau eingebrannt. Wer den dabei entstehenden Geruch nach verbranntem Horn jemals gerochen hat, wird ihn sein ganzes Leben lang nicht vergessen – genau wie wohl jedes Kind, das den Ittlinger Kindergarten besucht hat, sich noch gut an die hellklingenden Hammerschläge auf den Amboss der nahegelegenen Schmiede von Hans Kreiter erinnern wird.  Denn etwa notwendige Korrekturen des Hufeisens erfolgten auf dem Schmiedeamboß. Wenn das Hufeisen richtig passte, wurde es im Wasser abgekühlt und dann mit neuen Hufnägeln und kräftigen Schlägen mit dem Hufbeschlaghammer wieder aufgenagelt, so dass die Enden der Nägel außen am Huf wieder austraten und umgebogen werden konnten. Während dieser ganzen Prozedur musste ein kräftiger Mann gebeugt das  jeweilige

Bein des Tieres „aufhalten“,  so dass der Schmied gut arbeiten konnte. Das war bei einem ruhigen Tier schon eine recht schwere Arbeit und umso mehr bei einem unruhigen, widerspenstigen. Doch auch die Arbeit des Schmieds selbst war anstrengend und musste dennoch mit dem nötigen Feingefühl verrichtet werden. Besonders das Einschlagen der neuen Hufnägel musste mit großem Geschick erfolgen damit keine schmerzempfindlichen Strukturen des Hufes getroffen wurden. Durch den Hufbeschlag konnte ein kunstfertiger Schmied auch etwaige Fehlstellungen der Hufe korrigieren. Alles in allem war die Tätigkeit des Hufschmiedes eine sehr verantwortungsvolle Arbeit.

Die Schmiede war jedoch stets auch ein Treffpunkt der Männer, an dem sie das Dorfgeschehen kommentieren konnten und in der arbeitsärmeren Zeit im Winter war es in der Schmiede immer schön warm. Und die Arbeit des Schmieds ging ja weit über das Beschlagen der Zugtiere hinaus. Beispielsweise mussten neue Arbeitsgeräte hergestellt oder schadhafte repariert werden, die Pflugschare brauchten eine neue Schärfe, zusammen mit dem Wagner wurden Wagenräder gebaut, d.h. der Schmied fertigte die Eisenreifen für die Räder und zog sie dann in glühend heißem Zustand auf die hölzernen Felgen.

Mit dem Aufkommen der Motorisierung in der Landwirtschaft und dem damit verbundenen Verschwinden der Zugtiere verlor der Schmied die Aufgabe als Hufbeschlagspezialist, denn die wenigen Reitpferde waren als Verdienstmöglichkeit ohne Bedeutung und wurden eher von reisenden Hufschmieden versorgt, und auch die Arbeit an den hölzernen Bauernwagen ging mit Einführung der Traktoren mit gummibereiften Anhängern allmählich auch verloren. So mussten die wenigen verbleibenden Schmiede sich umstellen auf Schlosserei und Landmaschinentechnik.

 

      Tanja Kirchgeßner