Eine unverzichtbare Einrichtung eines jeden Dorfes sind seit alters her die verschiedenen Wirtschaften oder Gasthäuser.

Und so ist bzw. war es auch in Ittlingen, denn das Angebot an Wirtschaften hat sich im Lauf der Jahre gewaltig geändert.

In den Wirtschaften trafen sich am Abend, nach getaner Arbeit, oder am Sonntag nach dem Kirchgang die Männer des Dorfes, und zwar ausschließlich die Männer. Hier wurde geredet, getrunken und geraucht und Karten gespielt, es wurde Gemeindepolitik gemacht, das Weltgeschehen kommentiert, soweit es in Zeiten ohne Fernsehen und mit seltenen Zeitungen bekannt wurde, und der ganz gewöhnliche Dorftratsch kam sicherlich auch nicht zu kurz. In den Wirtschaften wurden auch Feste gefeiert, hier trafen sich Vereine und dorthin ging man nach der Beerdigung zum „Leichenimes“. Und in den Wirtschaften fanden sich seit Anfang der 1950er Jahre die ersten öffentlich zugänglichen Fernsehgeräte, die natürlich eine große Anziehungskraft ausübten.

Als Getränke gab es Wein und Bier, was selten jemand im Haus hatte und was ohnehin nur selten auf den Tisch kam, und wenn, dann musste es in Krügen aus dem Fass in der Wirtschaft geholt werden. Ganz nebenbei: Auch das Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen kam bis ins Jahr 1927 nicht aus der Wasserleitung, sondern musste von einem der Brunnen geholt werden. Gegessen wurde von der Dorfbevölkerung in den Wirtschaften eher selten, mit Ausnahme vielleicht an der „Kerwe“. Die Familienfeste wie Hochzeit, Taufe oder Konfirmation wurden in der Regel zu Hause gefeiert. Der Betrieb einer Speisegaststätte war eher für Durchreisende gedacht.

Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang der Begriff der „Schildgerechtigkeit“. Darunter versteht man die von der zuständigen Obrigkeit erteilte Genehmigung, ein Wirtshausschild auszuhängen und damit anzuzeigen, dass in diesem Wirtshaus bessere Speisen und Beherbergung angeboten werden, also Dinge, die über das Angebot einer reinen Schankwirtschaft hinausgehen. Diese Schildgerechtigkeit wurde vom jeweiligen Landesherrn verliehen und entspricht damit einer heutigen Gaststättenkonzession mit ihren Auflagen. Von daher kommen die oft sehr aufwendig gestalteten Wirthausschilder besonders im süddeutschen Raum.

Für den Betrieb der Wirtschaften, die ihr eigenes Bier brauten, war neben dem Brauhaus und einem guten Keller die Möglichkeit der Einlagerung von Natureis im Winter, zur Kühlung des Bieres in der warmen Jahreszeit, unbedingt notwendig. Daher auch die früheren  Eiskeller in den Lößrainen in Ortsnähe. Die Wirtschaften, die Übernachtungsgäste beherbergen konnten, mussten in Stallungen Plätze für die Pferde durchreisender Händler zur Verfügung haben. Bei den als Speisegaststätten ausgewiesenen Wirtschaften war häufig eine Metzgerei vorhanden, obwohl die meisten Familien des Dorfes ihren Fleischbedarf durch die Haltung eines oder mehrerer Schweine zur Hausschlachtung deckten.

Liste der Ittlinger Wirtschaften

Adler  

Gasthaus mit Brauerei der Familie Gebhard, zwischen Hauptstraße und Keltergasse. Die dazugehörige Kegelbahn befand sich zwischen Elsenz und Damm. In dem früheren Gasthaus war ab 1948 die Arztpraxis von Dr. Adolf Hilspach, später das Elektrogeschäft von Lothar Scheeder. Das benachbarte Brauhaus an der Hauptstraße ist noch erhalten (Brauerstern über dem Türsturz ).

Bären

Gasthaus mit Metzgerei beim alten Rathaus. Besitzer waren die Familien Hauk, Wagenbach und Hildenbrand. Im Saal im Obergeschoß fanden die „Singstunden“ des Männergesangvereins statt und es befand sich eine Zeitlang das Kino von Kurt Gressler. Das ursprüngliche Gebäude war am Kerwewochenende 1889 abgebrannt und wurde danach als Neubau errichtet.

Deutscher Kaiser

Ehemalige jüdische Speisegaststätte in der Hauptstraße 98. Gegründet 1827 von Joseph Hirsch Weil. Es wurde koschere Kost, vor allem für durchreisende jüdische Händler, angeboten.

Eisenbahn

Gasthaus mit Metzgerei und Kegelbahn am oberen Bahnübergang von Familie Messenkopf. Konzession von 1900 als auch die Eisenbahn nach Ittlingen kam. Spätere Besitzer waren die Familien Krehbühl, Pfenninger, Steidle und Ober.

Engel

Gasthaus am unteren Ende des Eulenbergs. Wurde bei dem Fliegerangriff im März 1945 zerstört. Das Gasthaus war seit etwa 1755 im Besitz der Familie Scheeder (Engelwirt).

Grüner Hof

Gasthaus in der Grüner Hof Straße. Bis 2016 im Besitz der Familien Ebert und Geissler. Im früheren Saal fanden Vereinstreffen, Laienspielaufführungen, Tanzveranstaltungen und Ähnliches statt. Zeitweilig war darin die Kinder-kleiderfabrik Knipp untergebracht. Unvergessen ist die letzte Eigentümerin  „Grünehofwirts Inge“, die die Wirtschaft bis zu ihrem Tod führte.

Krone

Gasthaus mit Brauerei und Schnapsbrennerei. Wurde schon im Jahr 1720 erwähnt. Das früher sehr repräsentative Gebäude wurde Anfang der 1980 Jahre abgebrochen. Ursprünglich im Besitz der Familie vom Berg (Geburtshaus der Mutter von Johann Jakob Astor).

Ochsen

Gasthaus mit Metzgerei zwischen altem Rathaus und evangelischem Pfarrhaus. Früher im Besitz der Familie Schuchmann, seit 1857 im Besitz von Familie Johannes Schechter, später Familie Hieronymus Kauzmann und Familie Adolf Kauzmann sen. und jun. Die Wirtschaft wurde bereits kurz nach dem Jahr 1900 aufgegeben und es  wurde nur noch Landwirtschaft betrieben. Das Gebäude ist heute im Besitz von Familie Anton Hurka.

Sonne

Früheres Gasthaus mit Brauerei in der Burgtorstraße 1. Heute im Besitz von Familie Roland Helbing. Schon lange keine Gaststätte mehr, zwischenzeitlich Haus von Familie Klein „Schuster-Klein“ und Familie Hermann Ebert.

Café Uhler

Café mit Bäckerei von Familie Gustav Uhler in der Mühlgasse 23. Sehr beliebtes „In-Lokal“ in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. In der Bäckerei Uhler gab es das erste Ittlinger Speiseeis, das besonders bei den Ittlinger Kindern sehr beliebt war.

Holzwurm

Kneipe mit überwiegend jugendlicher Kundschaft in der Sägmühlstraße. Ehemaliges Bauernhaus von Familie Schuchmann.

Vereinsheim des TSV Ittlingen

Das Vereinsheim mit Gaststätte an der Sägmühlstraße wurde zunächst von Vereinsmitgliedern betrieben. Heute ist dort das Restaurant „Da Nino“ mit italienischer Gastronomie.

Goldener Käfer

Zunächst als Gourmetlokal konzipiert. Derzeit geschlossen.

Rathauscafé

Im alten Rathaus zunächst als Café geführt, nach dem frühen Tod der Betreiberin und einem kurzen Zwischenspiel heute unter der Leitung von Frau Sameiro Martins mit deutscher und portugiesischer Küche.

 

          Dr. Ulrich Kattermann