Wenn ich heute in meine Heimat nach Ittlingen komme, dort wo mein Elternhaus steht, mache ich  immer einen Spaziergang rund um den ehemaligen Bauernhof.  Dabei kommen mir viele Gedanken, was sich früher hier alles abgespielt hat…

Hier bin ich mit meinen Eltern, Großeltern und vier Geschwistern aufgewachsen. Ich spüre, dass dort meine Wurzeln sind. Mein ältester Bruder Wolfgang, der den Bauernhof weiterführen sollte, hat den Hof 1981 verkauft und ist nach Canada ausgewandert. Dort konnte er sich seinen Traum, eine große Farm zu bewirtschaften, erfüllen. Aber wie war es „daheim“? Wir drei Mädchen teilten uns ein Zimmer und die zwei Brüder hatten auch zusammen ein Zimmer.

In der Küche aber spielte sich das ganze Zusammensein ab. Der Küchentisch war zentraler Punkt für viele Tätigkeiten. Das Gemüse wurde geputzt, die Malzeiten gemeinsam eingenommen, Hausaufgaben gemacht,  Mutter bügelte die Wäsche und die Stoffe für die Näharbeiten wurden ebenfalls auf dem Küchentisch zugeschnitten und vieles mehr.

Bei 5 Kindern war immer viel los. Wir lachten, spielten und zankten uns, aber die meisten Stunden waren schon im Kindesalter mit Arbeit gefüllt. Alle mussten nach der Schule mithelfen. Am liebsten hielt ich mich im Kuhstall auf, dort war es warm. Besonders gerne streichelte ich die kleinen Kälbchen, die gerne an meinen Fingern leckten. So manches Mal schlief ich als kleines Mädchen auf dem Stroh ein, während Mutter die Kühe melkte.

Im Frühjahr, wenn die Schwalben kamen, bauten sie Nester in den Kuhstall. Das zu beobachten war interessant. Die Schwälbchen suchten für ihre Nester nach  Stroh, Heu, Federn und allerlei Kleinkram. Sobald die Nester fertig waren legten sie Ihre Eier hinein. Nun saß immer die Schwalbenmutter auf den Eiern um sie auszubrüten. Ein paar Wochen später streckten die kleinen noch nackten Schwälbchen ihre Schnäbelchen in die Höhe, sie schrieen nach Futter. Die Schwalben-Eltern waren jetzt den ganzen Tag mit Futtersuche beschäftigt. Im Dorf gab es viele offene Misthöfe, dort tummelten sich viele Fliegen, ein ideales Futterparadies. Dort flog den Schwalben das Futter direkt in den Schnabel. Ich beobachtete, wie fleißig die Schwalben hin und her flogen, um ihre  Kleinen satt zu bekommen. Das war nie langweilig. Im Kuhstall musste jetzt immer ein Fenster offen bleiben, damit die Schwalben in den Stall hinein und hinausfliegen konnten.

Die Bauernkinder von heute, haben keine Schwalben mehr im Stall, da die Misthöfe alle der modernen Technik weichen mussten.  So haben Schwalben in der modernen Landwirtschaft keine Überlebenschance mehr.

Gerne denke ich an die Zeit meiner Kindheit zurück. Mit der Natur aufgewachsen zu sein, das bedeutet doch Glück. Die Einheit von Großeltern, Eltern und Geschwister, gab uns ein Gefühl der Geborgenheit. Die Sorgen, die die Eltern auch damals hatten, waren uns nicht bewusst.

     Marga Grönwald, geb. Klemm,

überarbeitet von Michael Hauk und Dr. Ingeborg Hagenlocher