Geschichte lebt von Geschichten

Dies zeigten eindrücklich die Schilderungen der Vorstandsvorsitzenden Michael Hauk und Dr. Ulrich Kattermann zu den von ihnen durchgeführten Zeitzeugeninterviews. Themen waren

– das Schicksal der Heimatvertriebenen, ihre Vertreibung, die Ankunft und ihre Aufnahme in Ittlingen, Leben, Wohnen und Arbeiten beim Neuanfang in unserem Dorf

– wie haben Ittlinger das Kriegsende, die erste Zeit der Besatzung und den Neuanfang erlebt

– wie fand Schule in der ersten Nachkriegszeit statt

Diese und andere Fragen beantworteten die bislang befragten 12 Zeitzeugen sehr anschaulich und gewährten einen bewegenden Einblick in eine Zeit, die für viele nicht einfach war und die Menschen oft vor große Herausforderungen stellte. Sehr bewegend und sehr spannend seien die Erzählungen der Zeitzeugen gewesen, so die Befrager. Über zwei Zeitzeugenberichte wurde bereits beim Seniorennachmittag berichtet, diese wurden mit größtem Interesse aufgenommen und an den Tischen lebhaft darüber diskutiert.

Die Erzählungen wurden zunächst im Original digitalisiert, schriftlich festgehalten und überarbeitet. Für die große Unterstützung bei diesen Arbeiten bedankte sich der Vorsitzende Michael Hauk sehr herzlich bei den Verwaltungsmitarbeiterinnen des Rathauses. Nach einer weiteren Überarbeitung und Zusammenfassung sollen die Berichte dann veröffentlicht werden.

Eine große Bereicherung für die Gemeinde stellt mit Sicherheit auch die als weiteres größeres Projekt vorgestellte Bilderdatenbank zur Geschichte Ittlingens dar, die derzeit von Dieter Eilers in Zusammenarbeit mit Werner Schweizer, Dr. Ulrich Kattermann und Michael Hauk erstellt wird.

900 Bilder wurden dem Heimatverein von Ittlinger Bürgern bislang zur Verfügung gestellt. Ein Teil davon ist mittlerweile thematisch und inhaltlich beschrieben und digital erfasst worden. Ziel ist die Erstellung einer thematisch und möglichst zeitlich geordneten, digitalen Bilddatei über die Gemeinde für die Nachwelt. Interessante Fotografien werden wir der Ittlinger Bevölkerung in der kommenden Zeit über das Mitteilungsblatt vorstellen. Weitere Bildveröffentlichungen sind in Zukunft in Form eines Kalenders „Ittlingen – früher und heute“ geplant.

Die Erfassung der Kleindenkmale in Baden-Württemberg ist ein Projekt, das das Landesamt für Denkmalpflege Baden Württemberg zusammen mit dem Schwäbischem Heimatbund, Schwäbischem Albverein, Schwarzwaldverein, der Badischen Heimat sowie der Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung der Kleindenkmale ins Leben gerufen hat. Für die Gemeinde und Gemarkung Ittlingen hat der Heimatverein diese Erfassung durchgeführt. Also machten sich der Vorstandsvorsitzende Michael Hauk mit Beiratsmitglied Armin Speer und der 2. Vorstandsvorsitzende Dr. Ulrich Kattermann mit Beiratsmitglied Dieter Eilers mit entsprechendem Handwerkszeug ausgerüstet auf den Weg, um alle auf der Gemarkung Ittlingen noch übriggebliebenen Kleindenkmale zu erfassen. Insgesamt 25 Kleindenkmale haben die beiden Teams auf Ittlinger Boden aufgespürt und ausführlich beschrieben. Die Erfassungsbögen mit Lageplänen, Skizzen und Fotografien werden an das Kreiskoordinationsteam des Landkreises Heilbronn weitergeleitet und dort entsprechend weiter verarbeitet, Kopien bleiben für das Gemeindearchiv.

Zu den dokumentierten Kleindenkmalen gehören steinerne Wegweiser, wie man sie zum Beispiel auf dem Weg nach Hilsbach findet, oder aber auch das „Saubrünnele“ am Bauberg, Waschbänke und die Wässserungseinrichtungen an der Elsenz. Die größte Gruppe der erfassten Überreste stellen die Hausmarken und Türsteine an alten Häusern im Dorf selbst dar. Als besonders aufwendig erwies sich Dieter Eilers zufolge die Dokumentation der örtlichen Kriegerdenkmale aufgrund ihrer Ausmaße und der teilweise nur sehr schwer entzifferbaren Beschriftung.

Neben dem Kindergarten befindet sich im Obergeschoß des Rathauses heute auch das Archiv der Gemeinde. Dort haben die Beiratsmitglieder Angelika Schrempf und Daniel Schwab intensiv recherchiert und Interessantes entdeckt.

Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 erreichte der nationalsozialistische Antisemitismus eine neue Qualität. Besonders forciert wurden in Österreich Auswanderung und Vertreibung. Dafür zuständig war Adolf Eichmann, der in Wien die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ organisierte. Die Erfahrungen, die Eichmann in Wien bei der Vertreibung der Juden sammelte, wurden nur wenig später im ganzen Deutschen Reich umgesetzt und eben auch in Ittlingen. Angelika Schrempf fand heraus, dass auch das Sinsheimer Bezirksamt eine Verordnung veröffentlichte, in der auch die Juden in Ittlingen bereits 1938 zur Auswanderung aufgefordert wurden.

Aus der Zeit des 2. Weltkrieges hat A. Schrempf Dokumente zur 1940 reichsweit verordneten „Kinderlandverschickung“ entdeckt. 1941 waren 9 Schulkinder aus Bochum und 11 Kinder aus Mannheim nach Ittlingen gebracht worden, um hier vom Alltag in ihren völlig zerbombten Heimatstädten Abstand gewinnen zu können. Der Zeit des Zweiten Weltkrieges und dessen Auswirkungen in unserem Dorf sowie der Geschichte der jüdischen Bevölkerung soll weiter nachgegangen werden. Für den Tag des offenen Denkmals im Spätsommer planen wir eine Begehung des jüdischen Friedhofes mit Erklärungen zu dessen Geschichte und Symbolen.

Neben diesen Projekten wurde auf der Hauptversammlung das von Dieter Eilers entworfene Logo des Heimatvereins vorgestellt und erläutert. Es symbolisiert die Hügel, Felder, Wiesen und Wälder unserer Gemarkung im Kraigau, die Elsenz und unser Dorf. Das Logo fand großen Anklang.

Michael Hauk berichtete über den Besuch einer Familie aus England, deren Vorfahren aus dem „Kronenwirts- Haus“ und der Familie von Berg stammen und die im 17. Jahrhundert über Jersey nach England auswanderten. Gemeinsam wurde ein für die Gäste sehr interessanter Ortsrundgang unternommen.

Die Hopp-Stiftung wird sich in Ittlingen mit Stipendiaten am Kinderferienprogramm beteiligen. Es ist eine Schnitzeljagd nach der Geschichte von Gebäuden geplant. Unser Heimatverein wird dabei aktiv mitwirken.

Wo befanden sich früher die Schafe der Gemeinde? Wo wohnte der Gemeindehirte? Wie sahen die Gruner- und Seitz-Mühlen vor 60 Jahren aus, als sie noch in Betrieb waren? Wo befand sich die Gemeinschaftsgefrieranlage unserer Gemeinde? War das heutige Rathaus früher wirklich die Schule?

Ein Erlebnis der besonderen Art soll der Dorfrundgang werden, den wir der Ittlinger Bevölkerung am 12. Juli 2014 anbieten möchten und bei dem solche Fragen beantwortet werden. In einem ca. 2 stündigen Spaziergang durch den Ort werden Michael Hauk und Dr. Ulrich Kattermann interessierte Bürgerinnen und Bürger an Plätze führen, die für das Leben in Ittlingen in früheren Zeiten von großer Bedeutung waren. Anschaulich untermalt werden sollen ihre Erzählungen durch Fotografien, wie die besuchten Plätze in vergangener Zeit aussahen und wie die Bewohner der Gemeinde früher lebten. Zu diesem Dorfrundgang laden wir heute schon herzlich ein.

Zum Abschluß der Hauptversammlung dankte Herr Bürgermeister Heck bei der Entlastung für die geleistete Arbeit des Heimatvereins. Michael Hauk bedankte sich bei Herrn Heck für die Unterstützung der Gemeinde und den Zuschuß der Alfred- Britsch-Stiftung für die Vereinsarbeit.

Geschichte lebt von Geschichten. Und diese werfen immer wieder neue spannende Fragen auf, die uns, weil wir neugierig sind, auch immer wieder veranlassen, uns noch intensiver mit unserer Ortsgeschichte zu befassen.

 

      Tanja Kirchgeßner