Autor: Heimatverein Ittlingen e.V. (Seite 3 von 4)

Zuckerrübenernte

In den fünfziger Jahren gab es in der Landwirtschaft noch wenige Maschinen. Dies bedeutete harte Arbeit für die ganze Bauernfamilie. Heutige Landwirte, denen modernste Maschinen zur Verfügung stehen, können sich kaum vorstellen, welche Mühsal die Bauern bewältigen mussten. Ich möchte deshalb aus meinen Erinnerungen als Beispiel von einem Bereich, der Zuckerrübenernte, erzählen, wie ich diese schwere Zeit auf unserem Hof erlebte.

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Die Geschichte Ittlingens neu entdeckt

Geschichte lebt von Geschichten

Dies zeigten eindrücklich die Schilderungen der Vorstandsvorsitzenden Michael Hauk und Dr. Ulrich Kattermann zu den von ihnen durchgeführten Zeitzeugeninterviews. Themen waren

– das Schicksal der Heimatvertriebenen, ihre Vertreibung, die Ankunft und ihre Aufnahme in Ittlingen, Leben, Wohnen und Arbeiten beim Neuanfang in unserem Dorf

– wie haben Ittlinger das Kriegsende, die erste Zeit der Besatzung und den Neuanfang erlebt

– wie fand Schule in der ersten Nachkriegszeit statt

Diese und andere Fragen beantworteten die bislang befragten 12 Zeitzeugen sehr anschaulich und gewährten einen bewegenden Einblick in eine Zeit, die für viele nicht einfach war und die Menschen oft vor große Herausforderungen stellte. Sehr bewegend und sehr spannend seien die Erzählungen der Zeitzeugen gewesen, so die Befrager. Über zwei Zeitzeugenberichte wurde bereits beim Seniorennachmittag berichtet, diese wurden mit größtem Interesse aufgenommen und an den Tischen lebhaft darüber diskutiert.

Die Erzählungen wurden zunächst im Original digitalisiert, schriftlich festgehalten und überarbeitet. Für die große Unterstützung bei diesen Arbeiten bedankte sich der Vorsitzende Michael Hauk sehr herzlich bei den Verwaltungsmitarbeiterinnen des Rathauses. Nach einer weiteren Überarbeitung und Zusammenfassung sollen die Berichte dann veröffentlicht werden.

Eine große Bereicherung für die Gemeinde stellt mit Sicherheit auch die als weiteres größeres Projekt vorgestellte Bilderdatenbank zur Geschichte Ittlingens dar, die derzeit von Dieter Eilers in Zusammenarbeit mit Werner Schweizer, Dr. Ulrich Kattermann und Michael Hauk erstellt wird.

900 Bilder wurden dem Heimatverein von Ittlinger Bürgern bislang zur Verfügung gestellt. Ein Teil davon ist mittlerweile thematisch und inhaltlich beschrieben und digital erfasst worden. Ziel ist die Erstellung einer thematisch und möglichst zeitlich geordneten, digitalen Bilddatei über die Gemeinde für die Nachwelt. Interessante Fotografien werden wir der Ittlinger Bevölkerung in der kommenden Zeit über das Mitteilungsblatt vorstellen. Weitere Bildveröffentlichungen sind in Zukunft in Form eines Kalenders „Ittlingen – früher und heute“ geplant.

Die Erfassung der Kleindenkmale in Baden-Württemberg ist ein Projekt, das das Landesamt für Denkmalpflege Baden Württemberg zusammen mit dem Schwäbischem Heimatbund, Schwäbischem Albverein, Schwarzwaldverein, der Badischen Heimat sowie der Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung der Kleindenkmale ins Leben gerufen hat. Für die Gemeinde und Gemarkung Ittlingen hat der Heimatverein diese Erfassung durchgeführt. Also machten sich der Vorstandsvorsitzende Michael Hauk mit Beiratsmitglied Armin Speer und der 2. Vorstandsvorsitzende Dr. Ulrich Kattermann mit Beiratsmitglied Dieter Eilers mit entsprechendem Handwerkszeug ausgerüstet auf den Weg, um alle auf der Gemarkung Ittlingen noch übriggebliebenen Kleindenkmale zu erfassen. Insgesamt 25 Kleindenkmale haben die beiden Teams auf Ittlinger Boden aufgespürt und ausführlich beschrieben. Die Erfassungsbögen mit Lageplänen, Skizzen und Fotografien werden an das Kreiskoordinationsteam des Landkreises Heilbronn weitergeleitet und dort entsprechend weiter verarbeitet, Kopien bleiben für das Gemeindearchiv.

Zu den dokumentierten Kleindenkmalen gehören steinerne Wegweiser, wie man sie zum Beispiel auf dem Weg nach Hilsbach findet, oder aber auch das „Saubrünnele“ am Bauberg, Waschbänke und die Wässserungseinrichtungen an der Elsenz. Die größte Gruppe der erfassten Überreste stellen die Hausmarken und Türsteine an alten Häusern im Dorf selbst dar. Als besonders aufwendig erwies sich Dieter Eilers zufolge die Dokumentation der örtlichen Kriegerdenkmale aufgrund ihrer Ausmaße und der teilweise nur sehr schwer entzifferbaren Beschriftung.

Neben dem Kindergarten befindet sich im Obergeschoß des Rathauses heute auch das Archiv der Gemeinde. Dort haben die Beiratsmitglieder Angelika Schrempf und Daniel Schwab intensiv recherchiert und Interessantes entdeckt.

Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 erreichte der nationalsozialistische Antisemitismus eine neue Qualität. Besonders forciert wurden in Österreich Auswanderung und Vertreibung. Dafür zuständig war Adolf Eichmann, der in Wien die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ organisierte. Die Erfahrungen, die Eichmann in Wien bei der Vertreibung der Juden sammelte, wurden nur wenig später im ganzen Deutschen Reich umgesetzt und eben auch in Ittlingen. Angelika Schrempf fand heraus, dass auch das Sinsheimer Bezirksamt eine Verordnung veröffentlichte, in der auch die Juden in Ittlingen bereits 1938 zur Auswanderung aufgefordert wurden.

Aus der Zeit des 2. Weltkrieges hat A. Schrempf Dokumente zur 1940 reichsweit verordneten „Kinderlandverschickung“ entdeckt. 1941 waren 9 Schulkinder aus Bochum und 11 Kinder aus Mannheim nach Ittlingen gebracht worden, um hier vom Alltag in ihren völlig zerbombten Heimatstädten Abstand gewinnen zu können. Der Zeit des Zweiten Weltkrieges und dessen Auswirkungen in unserem Dorf sowie der Geschichte der jüdischen Bevölkerung soll weiter nachgegangen werden. Für den Tag des offenen Denkmals im Spätsommer planen wir eine Begehung des jüdischen Friedhofes mit Erklärungen zu dessen Geschichte und Symbolen.

Neben diesen Projekten wurde auf der Hauptversammlung das von Dieter Eilers entworfene Logo des Heimatvereins vorgestellt und erläutert. Es symbolisiert die Hügel, Felder, Wiesen und Wälder unserer Gemarkung im Kraigau, die Elsenz und unser Dorf. Das Logo fand großen Anklang.

Michael Hauk berichtete über den Besuch einer Familie aus England, deren Vorfahren aus dem „Kronenwirts- Haus“ und der Familie von Berg stammen und die im 17. Jahrhundert über Jersey nach England auswanderten. Gemeinsam wurde ein für die Gäste sehr interessanter Ortsrundgang unternommen.

Die Hopp-Stiftung wird sich in Ittlingen mit Stipendiaten am Kinderferienprogramm beteiligen. Es ist eine Schnitzeljagd nach der Geschichte von Gebäuden geplant. Unser Heimatverein wird dabei aktiv mitwirken.

Wo befanden sich früher die Schafe der Gemeinde? Wo wohnte der Gemeindehirte? Wie sahen die Gruner- und Seitz-Mühlen vor 60 Jahren aus, als sie noch in Betrieb waren? Wo befand sich die Gemeinschaftsgefrieranlage unserer Gemeinde? War das heutige Rathaus früher wirklich die Schule?

Ein Erlebnis der besonderen Art soll der Dorfrundgang werden, den wir der Ittlinger Bevölkerung am 12. Juli 2014 anbieten möchten und bei dem solche Fragen beantwortet werden. In einem ca. 2 stündigen Spaziergang durch den Ort werden Michael Hauk und Dr. Ulrich Kattermann interessierte Bürgerinnen und Bürger an Plätze führen, die für das Leben in Ittlingen in früheren Zeiten von großer Bedeutung waren. Anschaulich untermalt werden sollen ihre Erzählungen durch Fotografien, wie die besuchten Plätze in vergangener Zeit aussahen und wie die Bewohner der Gemeinde früher lebten. Zu diesem Dorfrundgang laden wir heute schon herzlich ein.

Zum Abschluß der Hauptversammlung dankte Herr Bürgermeister Heck bei der Entlastung für die geleistete Arbeit des Heimatvereins. Michael Hauk bedankte sich bei Herrn Heck für die Unterstützung der Gemeinde und den Zuschuß der Alfred- Britsch-Stiftung für die Vereinsarbeit.

Geschichte lebt von Geschichten. Und diese werfen immer wieder neue spannende Fragen auf, die uns, weil wir neugierig sind, auch immer wieder veranlassen, uns noch intensiver mit unserer Ortsgeschichte zu befassen.

 

      Tanja Kirchgeßner

 

50 Jahre Flurbereinigung in Ittlingen

Im Herbst 2018 ist es 50 Jahre her, dass die Flurbereinigung Ittlingen mit der Zuteilung der neugebildeten Flurstücke ihren Abschluss gefunden hat. Wohl keine Maßnahme seit der Aufhebung des Flurzwangs Anfang des 18. Jahrhunderts hat unsere Gemarkung und deren Aussehen derart verändert wie die Flurbereinigung. Darüber hinaus hat sie das lange bäuerlich geprägte und gesellschaftliche Gefüge im Dorf stark verändert. Dies geschah natürlich im Zusammenhang und auch in Folge der Entwicklung des ländlichen Raums nach dem 2. Weltkrieg. Im folgenden Beitrag sollen die Gründe der Flurbereinigung und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft, unser Dorf und das Landschaftsbild näher betrachtet werden.

Welche Entwicklungen der Vergangenheit haben überhaupt  Flurbereinigungen erforderlich werden lassen? Um diese Frage zu beantworten, muss man in die Geschichte zurück schauen.

Seit Ende des 17. Jahrhunderts bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein herrschte in unserem Raum die Realteilung. Das bedeutete, dass alle Flurstücke, manchmal sogar das Anwesen, das einer bäuerliche Familie gehörte, bei einem Übergang an die nächste Generation möglichst gleichmäßig unter allen Geschwistern aufgeteilt wurde, jede und jeder hat etwas „mitkriegt“. Bauerntöchter ohne Geschwister waren daher heiß umworbene Heiratskandidatinnen! Dieses Aufteilen hatte zur Folge, dass innerhalb weniger Generationen neben den landwirtschaftlichen Betrieben vor allem die Grundstücke immer kleiner wurden, bis herunter zu einer Größe eines Viertels eines badischen Morgens, das waren 9 ar (900 Quadratmeter, die Größe eines Bauplatzes!). Die meisten Flurstücke hatten keine Wegeanbindung, es bestanden sogenannte Überfahrtsrechte, die es einem Bewirtschafter erlaubten, über die Felder seiner Angrenzer zu seinem Flurstück zu gelangen. Teilweise waren diese Überfahrtsrechte sogar notariell festgehalten, ansonsten bestand dazu ein Gewohnheitsrecht. Auf Grund der geringen Betriebsgrößen und der kleinen Flächen achtete jeder Landwirt streng darauf, dass der Nachbar bei der Bewirtschaftung seine Grundstücksgrenzen einhielt und ja keinen Zentimeter zuviel wegpflügte. Um keinen Boden an den Nachbarn zu verlieren, wurde immer zur Mitte hin gepflügt, das führte zu einem „Wellblechprofil“ auf der Gemarkung, das noch viele Jahre nach der späteren Zusammenlegung der Flächen gut erkennbar war.

Ab den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass die Zersplitterung der Feldflur die Bewirtschaftung der Flächen sehr erschwerte, zu einem hohen Zeitaufwand mit langen Wegen führte und mögliche höhere Erträge verhinderte. So wurden nach dem Ersten Weltkrieg bereits erste Feldbereinigungen, d.h. die Zusammenlegung kleiner und kleinster Felder zu größeren Schlägen  durchgeführt, oft auf Teilflächen der Gemarkungen. In Ittlingen wurde 1934-1937 als „Landeskulturmaßnahme“ und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit das bis dahin als Grünland genutzte gesamte Elsenztal drainiert, damit trockengelegt und konnte so als gutes Ackerland genutzt werden. Zusammen mit angrenzenden Flächen wurde das Elsenztal in eine Feldbereinigung einbezogen, deren Fläche ca. 230 ha umfasste. Im Zuge dieser Maßnahme wurde übrigens die Elsenz im Dorfgebiet verlegt, so entstanden die Flächen hinter dem heutigen Rathaus.

Die ab 1950 einsetzende Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft in die Industrie und vor allem die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft erforderte nachdrücklich ein Ende der völlig unökonomischen Parzellierungen. 1953 wurde das Flurbereinigungsgesetz erlassen, dieses bot erstmals die Möglichkeit, „im Interesse des Gemeinwohls und der Entwicklung der Landwirtschaft“ in private Besitzverhältnisse einzugreifen. Nach vielen und kontroversen Diskussionen und intensiver Meinungsbildung entschloss sich die Mehrheit der Grundbesitzer in Ittlingen, eine Flurbereinigung anzustreben und diese zu beantragen. Dazu muss man wissen, dass nicht nur die Landwirte, sondern alle Grundstückseigentümer an einer Flurbereinigung beteiligt waren. Gerade durch die Realteilung ist das Grundeigentum im Kraichgau sehr breit gestreut, die Landwirte besitzen bis heute je nach Betrieb nur ca. 20-30% der von ihnen bewirtschafteten Flächen, der Rest ist gepachtet.

Im Juli 1960 ordnete das Landesamt für Flurbereinigung und Siedlung Baden- Württemberg die Flurbereinigung für die Gemeinde Ittlingen an. Durch diesen Beschluss entstand eine sogenannte „Teilnehmergemeinschaft“ (TG) als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“, in der alle Grundstücksbesitzer kraft Gesetzes automatisch Mitglied werden mussten. Aus den Reihen der Grundstücksbesitzer wurde ein 5-köpfiger Vorstand gewählt, der die TG führte und rechtlich vertrat. Für die fachlichen Arbeiten war das Flurbereinigungsamt Sinsheim zuständig, das die Durchführung aller Maßnahmen eng mit dem Vorstand der TG abzustimmen hatte. Zunächst wurde allen Grundstücksbesitzern die Verfügungsgewalt über ihre Flurstücke entzogen, Grundstückskäufe und auch Verkäufe waren nur mit Zustimmung der TG möglich, die ein grundsätzliches Vorkaufsrecht hatte. Als nächster Schritt wurden alle in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke nach einem Punktesystem bewertet, das z.B. die Bodengüte nach der Reichsbodenschätzung, Hangneigung, Entfernung zu Wegen, Mißformen und Bewirtschaftungserschwernisse u. Ä. berücksichtigte, ebenso auf den Grundstücken befindliche Obstbäume. Jeder Grundstücksbesitzer erhielt danach eine „Gesamtpunktzahl“ seiner Flächen. Gleichzeitig wurde vom Flurbereinigungsamt  ein sogenannter Wege- und Gewässerplan erstellt, der die neu anzulegenden Feldwege und Gräben vorschlug sowie die neuen, genau vermessenen Grundstückszuschnitte enthielt. Bisherige historische, oft uralte Feldwege mit den sogenannten „Höhle“, den alten Hohlwegen, wurden zugeschüttet und die meisten der ca. 6000 Obstbäume auf der Gemarkung gefällt. Dies ist heute kaum vorstellbar, Umwelt- und Naturschutz spielten damals keine Rolle, und es gab auch keine Stimmen gegen die Durchführungen.

Im Vordergrund stand die Schaffung von möglichst großen Grundstücken, die rationell zu bewirtschaften waren. Die Zuteilung der neuen Grundstücke erfolgte dann so, dass nach Möglichkeit die eingebrachte Punktzahl erreicht wurde, gegebenenfalls erfolgte ein Flächenausgleich oder eine Ausgleichszahlung durch die TG oder der Grundstücksbesitzer musste nachzahlen. Auf der sogenannten Wunschtagfahrt wurden den Grundstücksbesitzern ihre neuen Grundstücke, deren Lage, Größe und Zuschnitt vorgestellt und diese dazu angehört. Natürlich ging die Zuteilung der neuen Grundstücke nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. Viele Grundstücksbesitzer mit wenig Flächen hatten plötzlich nur noch ein Grundstück und genau das mit dem natürlich allerbesten Boden war verloren!

Spötter sagten danach: „Vor der Flurbereinigung hatte einer nur die besten Flächen, nach der Neuzuteilung die schlechtesten, und bei der Verpachtung wieder die besten!“

Nach der Getreideernte 1968 wurden die neuen Grundstücke vermarkt und mit Pfählen abgesteckt. Für viele Grundstücksbesitzer war es schwierig die neuen Grundstücke zu akzeptieren, viele hatten ihr „Lieblingsstückle“ verloren, das schon dem Großvater wichtig und wertvoll war.

Nach der Zuteilung war es für die Landwirte eine Riesenarbeit, die alten Grenzsteine zu entfernen, die sich nun mitten in den neuen Parzellen befanden. Ich erinnere mich noch gut an den Wagen voller schwerer Steine, die ich mit meinem Vater in wochenlanger Arbeit im Laufe des Herbstes ausgegraben und aufgeladen habe, manches Pflugschar hat später trotzdem noch Schaden genommen.

Wichtig war die Erschließung der Gemarkung und der Grundstücke, jedes musste auf öffentlichen Wegen erreichbar sein. So wurden insgesamt 28 km befestigte Wege geschaffen, die auch Spaziergängern und Radfahren zu Gute kommen. Hinzu kamen 130 km Gewannwege, die heute zu einem großen Teil in die Ackerflächen integriert sind.

Die Zahl der Parzellen auf der Ittlinger Gemarkung verringerte sich von 7108 auf 1910, die Durchschnittsgröße erhöhte sich von 0,20 ha auf 0,75 ha. Parzellen, d.h. im Grundbuch vermerkte und versteinte Flächen dürfen ohne Einwilligung des Amtes für Landwirtschaft nicht mehr geteilt werden. Parzellen können aber von den Bewirtschaftern zu Schlägen, also großen Grundstücken zusammengefasst werden. Bis heute hat sich dadurch die Zahl der Schläge mit Sicherheit nochmals mehr als halbiert. In Folge des Strukturwandels in der Landwirtschaft, tauschen die Betriebe ihre Flächen untereinander und schaffen so große, den modernen Bewirtschaftungsmethoden angepasste Schläge mit allen damit verbundenen Vorteilen und Problemen.

Umsonst war die Flurbereinigung nicht, die Kosten je ha Fläche betrugen ca. 1250 €,  davon mussten die Grundstücksbesitzer ca. 30% tragen. Hinzu kam ein Flächenabzug von 6% für die Anlage der neuen Wege und Gräben.

Wie hat sich nun die Flurbereinigung auf die bäuerliche Struktur in Ittlingen ausgewirkt? Zahlreiche kleinere Betriebe konnten plötzlich nicht mehr genug Flächen pachten, ein „Äckerle nebendran“ wie früher gab es nicht mehr, und die mit dem Abschluss der Flurbereinigung stark gestiegenen Pachtpreise konnten und wollten manche nicht bezahlen und gaben ihren Betrieb auf. So verringerte sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe, vor allem der Zu- und Nebenerwerbsbetriebe enorm, die Bewirtschafter fanden problemlos Arbeitsplätze und gute Einkommensmöglichkeiten im engeren Raum. Die von ihnen aufgegebenen Flächen wurden von den verbliebenen Betrieben aufgenommen. Die heute noch bestehenden Voll- und Nebenerwerbsbetriebe haben inzwischen Betriebsgrößen erreicht, die man sich vor 50 Jahren niemals hätte vorstellen können. Neben den landwirtschaftlichen Betrieben haben auch die Bürger unserer Gemeinde von der Flurbereinigung profitiert: Eine vollständig bewirtschaftete und damit gepflegte Gemarkung, für Spaziergänger und Radfahrer erschlossen, und für alle Grundstücksbesitzer eine stabile Werterhaltung und andauernde Wertsteigerung ihrer Grundstücke.

Für die Zukunft wäre zu überlegen, ob bei der mit Sicherheit weiter zunehmenden Größe der Schläge ein Programm zur Schaffung von Brachflächen und Blühstreifen und damit zur Förderung der Biodiversität sinnvoll wäre. Hier sind aber nicht nur die Landwirte, sondern alle Grundstücksbesitzer in der Verantwortung.

 

         Michael Hauk

 

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